Dienstag, 16. August 2011
Nach dem Frühstück fuhren wir um kurz nach acht los. An der Hauptstraße im Ort gab es viele Stände mit Korbwaren. Schalen, Taschen und Beutel in allen Größen wurden mit den unterschiedlichsten Mustern angeboten.
Die Teerstraße zog sich bergauf und bergab und sehr kurvenreich durch eine hügelige, grüne Landschaft. Wir kamen gut voran. Am frühen Morgen waren noch nicht sehr viele Lastwagen unterwegs.
Ein Highlight dieses Urlaubs erwartete uns am Nordrand des Lower Sambesi Nationalparks. Die Hauptstraße war offiziell mit einer Schranke abgesperrt: der Tse-Tse-Fliegen-Kontrollpunkt. Ein Tse-Tse-Fliegen-Kontrolleur mit gelbem Warnwestchen stellte sicher, dass man weder unwissentlich noch beabsichtigt Fliegen über diese imaginäre Grenze transportierte. Dies tat er, indem er die Insassen mehrfach fragte, ob Fliegen im Auto seien. Wir verneinten und schauten staunend zu, wie er mit seinem Fangnetz bewaffnet wild fuchteln um das Auto herumtänzelte. Zur Sicherheit wurde noch kurz gegen die Sonnenblende geklopft. Wir waren zunächst ein wenig irritiert, dann belustigt und schließlich zutiefst beeindruckt von dieser lückenlosen Überprüfung, bei welcher selbstverständlich jedes noch so kleine Tse-Tse-Fliegchen im Wagen sofort aufgefallen wäre. Wie beruhigend nämlich, dass Tse-Tse-Fliegen außerhalb von geschlossenen Fahrzeugen keine Möglichkeit haben, diesen Posten zu überqueren. Diese sinnvolle Maßnahme sorgte noch lange Zeit für riesige Erheiterung und steht auf unserer Liste der Absurditäten in Afrika ab sofort an erster Stelle. Wir sind uns sicher, dass dieser Mensch den Kreativitätswettbewerb bei der Erfindung eines Berufs, der noch einen halbwegs sinnvollen Anschein erwecken könnte, mit großem Abstand gewonnen hatte. Uns ist auch nach reiflicher Überlegung nichts eingefallen, was diesen Posten hätte toppen können. Bliebe noch darüber nachzudenken, diesen Job zu übernehmen. Ein entsprechender Eintrag im Lebenslauf („habe ein Jahr lang die Tse-Tse-Kontrolle in Sambia durchgeführt“) macht sich bestimmt nicht schlecht. Mal sehen, wenn Ruth demnächst zu sehr von ihren Schülern geärgert wird …
In Chongwe tankten wir noch einmal und stellten fest, dass wir anschließend kaum noch Kwachas hatten. Kurz nach dem Ort bogen wir auf die Schotterstraße nach Mulalika. Bis auf einen kurzen Abschnitt mit tiefen Furchen in der Straße war der Weg gut zu fahren.
Anschließend kamen wir auf die Leopard Hill Road, die durch wunderschöne Landschaft führte. Wir fingen gerade an, uns zu wundern, warum diese Strecke als schwierig bezeichnet wurde, als einige recht steile und steinige Abschnitte folgten. Eine Abfahrt hatte sehr tief ausgefahrene Spuren. Wir versuchten, neben diesen Furchen zu fahren. Leider ertönte schon bald Gabys Stimme über Funk: „Wartet mal kurz, wir hängen!“ Da wir vorgefahren und auf diesem Abschnitt nicht unbedingt rückwärts fahren wollten, liefen wir zu Fuß zurück und sahen, dass Stefan mit den linken Rädern in eine der tiefen Spalten gerutscht war. Der Versuch, vorwärts wieder herauszufahren, war gescheitert, da die Rinne immer tiefer wurde und nun das hintere Differenzial auf der Fahrbahn aufsaß und die Räder fast frei durchdrehten. Der Wagen ließ sich weder vor noch zurück bewegen. Zunächst versuchten wir, Steine unter die Räder zu klemmen, um das Durchdrehen zu verhindern. Beim Gasgeben, wurden die Steine jedoch unter den Reifen hindurchgezogen und an der anderen Seite herausgeschleudert. Während Stefan am Steuer saß, versuchten Gaby und Ruth, vorne anzuschieben. Dabei traf Ruth ein Stein am Schienbein und hinterließ eine kleine, aber schmerzhaft blutende Wunde.
Nach zwei Versuchen mit Steinen, die sich zugegebenermaßen im Nachhinein nicht als sonderlich klug herausstellten, probierten wir etwas anderes. Mit einem Wagenheber hoben wir das Auto links hinten an und legten große, flache Steinplatten unter den nun frei schwebenden Reifen. Außerdem legten wir die Spurrinne mit weiteren Steinen aus. Nachdem wir den Wagenheber wieder heruntergekurbelt hatten, stand der Wagen auf der Steinplatte, und das Differenzial lag nicht mehr auf der Straße auf. Dieser Versuch glückte, und Stefan konnte das Auto aus dem Graben befreien. Wir waren alle staubig und verschwitzt (und teilweise blutig), aber froh, den Wagen ohne Schaden wieder auf den Weg bekommen zu haben.